Eine klitzekleine Beleidigung und sofort dringt der Staat in die Wohnung ein. Das klingt zunächst nicht nach einer Demokratie, die Meinungsfreiheit zulässt und die Privatsphäre von Bürger*innen in den eigenen vier Wänden schützt. Entsprechend hagelte es nach einem Vorfall rund um den ehemaligen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck heftige Kritik. Wie berechtigt ist sie?
Ich finde Beleidigungen haben in einer zivilen Gesellschaft nichts verloren. Sie sind nicht Ausdruck der eigenen Meinung, sondern zielen darauf ab jemanden zu verletzen. Es gibt neurologische Untersuchungen, die sogar nahelegen, dass beleidigt zu werden ähnliche Reaktionen im Hirn auslöst wie geohrfeigt zu werden. ((Englisch) Frontiers: Verbal insults trigger a ‘mini slap to the face’, finds new research)
Demnach müssten wir zulassen, dass wir uns gegenseitig ohrfeigen dürfen, wenn wir beleidigen auch tolerieren. Tun wir aber nicht, weil es nicht nur eine Form von Körperverletzung ist, sondern auch herabwürdigend ist. Ergo hat beides für mich nichts in einer friedlichen Gesellschaft verloren, in der wir uns mit Respekt behandeln, selbst wenn wir stark unterschiedlicher Meinung sein sollten.
Daher finde ich es richtig, wenn Beleidigungen angezeigt werden, egal von wem. Dass darauf Hausdurchsuchungen folgen, finde ich jedoch in der Regel maßlos übertrieben.
Ein Auge zudrücken kann ich persönlich auch noch, wenn jemand privat, d.h. ohne das an die betroffene Person durchdringen zu lassen, Beleidigungen nutzt, um seinem Ärger Luft zu machen. Zwar ist das streng genommen auch strafbar gemäß Beleidigungsparagraphen, aber solange auf diese verbale Eskalation keine weiteren Eskalationen folgen und es nur ein sehr beschränkter privater Rahmen ist, kann es durchaus dabei helfen eigene Gefühle zu verarbeiten. Es muss meiner Meinung nach halt nur in einer Form passieren, durch die niemand zu schaden kommt.